Operation oder Katheter? Der beste Weg für jedes Herz
Im Herzteam Dortmund arbeiten Herzchirurgen und Kardiologen Hand in Hand
Die 81-jährige Patientin schafft Treppen nur mit Mühe. Kalk überzieht ihre Aortenklappe – jene Klappe, durch die das Blut von der linken Herzkammer in die Hauptschlagader gepumpt wird. Das Herz schafft es kaum, genug Blut durch das Ventil zu drücken. Ein 69-Jähriger zeigt gleiche Symptome: Luftnot bei Belastung, Mattigkeit im Alltag. Beide leiden an einer Aortenklappen-Verengung. Doch während der rüstige Senior im St.-Johannes-Hospital am offenen Herzen operiert wird, entscheiden sich die Spezialisten des JoHo bei der alten Dame für einen kathetergestützten Eingriff, der so genannten Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI).
Eine Diagnose, zwei Verfahren: Das Herzteam des St.-Johannes-Hospitals, das Kardiologen und Herzchirurgen gemeinsam bilden, sucht nach dem jeweils für den Patienten individuell besten Verfahren mit geringstmöglichem Risiko bei größtmöglichem Nutzen. „Das kommt wirklich auf jeden Einzelfall an“, betonen PD Dr. Guido Dohmen, Chefarzt der Klinik für Herz-, Thorax und Gefäßchirurgie sowie Prof. Dr. Helge Möllmann, Chefarzt der Klinik Innere Medizin I. Sie stehen an der Spitze von rund 100 ärztlichen Mitarbeitern.
Im FalI der 81-jährigen Patientin steht nach Ultraschall, Computertomographie und Herzkatheter-Untersuchung in der Kardiologie fest: Ohne neue Herzklappe ist die Lebenserwartung gering. Das Herzteam entscheidet sich aufgrund des hohen Alters und Vorerkrankungen für den weniger belastenden minimal-invasiven Aortenklappenersatz per Katheter. Der Eingriff erfolgt am schlagenden Herz. Im Gegensatz zur OP ist eine Vollnarkose nicht notwendig. Das Brustbein muss nicht geöffnet, die Herz-Lungen-Maschine nicht eingesetzt werden. Die Patientin erhält lediglich ein Beruhigungs- und Schmerzmittel. Bei dem Verfahren wird eine künstliche Aortenklappe so klein zusammengefaltet, dass sie auf den Katheter passt. Der Kardiologe schiebt den flexiblen dünnen Schlauch von der Leistenarterie durch die Aorta bis in die verkalkte Herzklappe, bläst den Ballon des Katheters auf und sorgt so dafür, dass das Metallgitter der neuen Klappe sich entfaltet und die alte Klappe an die Seite drückt. Nach einer knappen Stunde ist alles überstanden. Die Patientin kann zur Überwachung auf die Intensivstation verlegt werden. Schon hier bemerkt sie erleichtert, dass sie wieder besser Luft bekommt. Nach wenigen Tagen geht es nach Hause.
Größtes Zentrum in Nordrhein-Westfalen
Ganz wichtig: Bei diesem Eingriff im sogenannten Hybrid-OP, der mit modernster Medizin- und Röntgentechnik ausgestattet ist, steht immer ein herzchirurgisches und ein anästhesiologisches Team bereit, um im Notfall sofort operieren zu können. Nur Krankenhäuser wie das St.-Johannes-Hospital, die über eine Herzchirurgie verfügen, dürfen TAVIs überhaupt anbieten. Denn wenn Komplikationen auftreten, kommt es auf jede Minute an. „Nur gemeinsam können wir ein so breites herzmedizinisches Leistungsspektrum auf höchstem Niveau anbieten“, erklären die beiden Chefärzte. TAVI, eigentlich die Abkürzung für das englische „transcatheter aortic valve implantation“, wurde vor rund zehn Jahren für Patienten entwickelt, bei denen eine Operation am offenen Herzen zu risikoreich ist. Das St.-Johannes-Hospital ist mittlerweile das größte Zentrum in NRW: Fast 600 kathetertechnische Klappeneingriffe werden hier im Jahr durchgeführt. Die Zahlen steigen weiter angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft. Bewährter Standard für jüngere Patienten ist nach wie vor die offene OP, die das Herzteam des JoHo auch dem 69-jährigen Rentner empfiehlt. Für die Operation, die etwa zwei bis drei Stunden dauert, sprechen die jahrzehntelange Erfahrung, die niedrigen Komplikationsraten sowie die nachgewiesenen exzellenten Langzeitergebnisse. Kann der Klappenersatz erfolgen, ohne dass weitere Eingriffe wie zum Beispiel ein Bypass notwendig sind, operieren die Chirurgen minimalinvasiv. Sie öffnen das Brustbein nur zum Teil mit einem etwa acht Zentimeter langen Schnitt. Im Unterschied zur TAVI wird bei der OP die alte Herzklappe vollständig entfernt und dann die neue eingenäht. Etwa zehn Tage Krankenhausaufenthalt folgen, danach die Anschlussheilbehandlung in einer Reha-Klinik. Kardiologen und Herzchirurgen des JoHo diskutieren jeden „Fall“ gemeinsam und erklären dann dem Patienten ausführlich, warum ein bestimmtes Verfahren favorisiert wird. „Sie müssen davon überzeugt sein, dass wir gemeinsam den richtigen Weg gehen“, so PD Dr. Guido Dohmen und Prof. Dr. Helge Möllmann. „Anders geht es nicht.“ Und: „Unsere guten Ergebnisse beruhen auf dem Austausch mit allen Beteiligten, hohem Fachwissen, viel Erfahrung und einer großen Portion Teamgeist.“