Was beschreibt der Name „Herzteam“ im eigentlichen Sinne?

Helge Möllmann: Unter dem Begriff „Heart Team“ versteht man ein Team aus Herz-Kreislauf-Spezialist:innen aus den Bereichen Herzchirurgie, interventionelle Kardiologie und nicht interventionelle Kardiologie. Dem englischen Begriff fehlt allerdings ein entscheidender Aspekt unserer Zusammenarbeit – die Herzlichkeit. Darum nennen wir uns Herzteam. Inhaltlich ist damit gemeint, dass die verschiedenen Fachdisziplinen täglich eng zusammenarbeiten, um die Patientenversorgung zu optimieren. Der klinische und wissenschaftliche Schwerpunkt eines Herzteams kann jedoch sehr unterschiedlich sein, bei uns haben sich als Schwerpunkte die Therapie von Herzklappenerkrankungen und Durchblutungsstörungen des Herzens herausgebildet. Bedeutend für den Erfolg unseres Herzteams ist – neben der fachlichen Expertise – der absolute Wille aller Beteiligten, von der Pflege über die medizinisch-technischen Assistent:innen bis zu den Ärzt:innen intensiv miteinander zu kooperieren.

Guido Dohmen: Es gibt wirklich viele unterschiedliche Kooperationen von Kardiolog:innen und Herzchirurg:innen innerhalb von Herzteams – auch mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten. Das besondere an unserem Herzteam im JoHo ist, dass Kardiologie, Herzchirurgie und sogar die Gefäßchirurgie in einem Krankenhaus quasi Tür an Tür arbeiten. Wenn beispielsweise im Herzkatheterlabor ein Patient oder eine Patientin mit ganz vielen Veränderungen an den Herzkranzgefäßen liegt, dann rufen uns die Kardiolog:innen an und wir gehen sofort rüber, besprechen den Fall und entscheiden gemeinsam, wie wir weiter verfahren.

Helge Möllmann: Genau. Das ist wirklich ein Unterschied zu vielen anderen Häusern. Wir sind so eng miteinander verdrahtet, dass man nicht erst auf irgendwelche Konferenzen oder Besprechungen warten muss. Und das wirklich Schöne ist: Wir lernen auch voneinander und bringen uns gegenseitig weiter. Das finden auch unsere Assistenzärzt:innen besonders gut. Durch die enge Kooperation vermitteln wir eben auch eine weitere Perspektive.

Prof. Dr. med. Helge Möllman, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I

Inwieweit profitieren die Ärzt:innen in ihrer Ausbildung darüber hinaus vom Herzteam?

Guido Dohmen: Nicht nur die Ärzt:innen, sondern alle Kolleg:innen im Herzteam sehen natürlich, wie kooperativ wir zusammenarbeiten. Das macht die Arbeit bei uns sehr angenehm, weil wir miteinander und nicht gegeneinander arbeiten. Und das merken wirklich alle: Jede und jeder im Team ist darum bemüht, die beste Versorgung für unsere Patientinnen und Patienten zu erreichen. Bei uns ist es kein Werbeslogan, wenn wir sagen: Unsere Patient:innen stehen im Mittelpunkt. Danach richten wir alle unsere Arbeit aus.

Helge Möllmann: In der Ausbildung profitieren die Mediziner:innen – vor allem in der Kardiologie – von dieser Kooperation. Das Spektrum, das man bei uns vorfindet, ist enorm. Wir können so alle kardiologischen Interventionen anbieten, ermöglichen also die kardiovaskuläre Maximalversorgung. Und es ist einfach auch aus kardiologischer Sicht wichtig zu lernen, was die Herzchirurg:innen können und ihnen dabei auch mal über die Schulter zu sehen. Es macht einen Unterschied, ob man das praktisch erfährt oder nur theoretisch lernt.

Guido Dohmen: Es kommt immer wieder vor, dass Kardiolog:innen aus anderen Kliniken bei uns in der Herzchirurgie einen Tag hospitieren wollen, weil sie während ihrer gesamten Ausbildung noch kein Herz „live und in Farbe“ gesehen haben. Diese Möglichkeit liegt bei uns im Herzteam natürlich auf der Hand. Auch unsere Chirurg:innen sind von Beginn an regelmäßig im Herzkatheterlabor dabei. Denn es ist wichtig, die Perspektive des Anderen zu verstehen.

Privatdozent Dr. med. Guido Dohmen ist Chefarzt der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie

Welche Vorteile hat die intensive Zusammenarbeit für die Patient:innen?

Helge Möllmann: Zunächst einmal können wir kardiologisch-interventionell sehr viel mehr an Eingriffen durchführen, weil wir ein ganz anderes Sicherheitsnetz haben. Wenn wir im Katheterlabor an Grenzen stoßen oder Komplikationen auftreten, dann kann der Patient ad hoc operiert werden. Das heißt: Die Grenzen zwischen der interventionellen Kardiologie und der Herzchirurgie verschwimmen in einem Setting wie bei uns im Haus komplett. Das liegt auch daran, dass wir schon vor vielen Jahren jegliches Konkurrenzdenken über Bord geworfen haben.

Guido Dohmen: Wir haben einfach früh gemerkt, dass ein starker Partner vom anderen starken Partner profitiert. Und die Zahlen geben uns recht: Überall sinken die Eingriffzahlen in der Herzchirurgie seit Jahren – bei uns nicht. Klar, wir sind weiterhin formal zwei Abteilungen, aber ganz viele Entscheidungen treffen wir gemeinsam. Und ich glaube, ich kann da für uns beide sprechen, durch viele Gespräche und den permanenten fachlichen Austausch ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entstanden.